Es gibt grundsätzlich keine typischen Tage, jeden Tag stehen wir vor neuen Herausforderungen. Aber natürlich hat man immer einen Fahrplan für die laufende Drehwoche, wie auch für die beiden folgenden Wochen, die sich gleichzeitig in der Vorbereitung befinden. Bei GZSZ werden jeweils zwei ‚Blöcke‘ parallel gedreht. Ein Block besteht aus fünf Folgen. Es werden zuerst alle Szenen im Außendreh gedreht und in der Folgewoche dreht der gleiche Regisseur dann alle Studioszenen dieses Blockes. Gleichzeitig ist ein anderer Regisseur dann schon wieder mit einem neuen Block im Außendreh usw. Dies bedeutet für uns schon im Vorfeld jedes Drehtages eine gründliche Planung, damit alle Bauten, Requisiten, Grafiken, etc., beim Dreh parat stehen. Bei der hohen Schlagzahl mit der bei uns gedreht wird, kann bereits ein kleines fehlendes Requisit zu einer verhängnisvollen Verzögerung führen. Verhängnisvoll deswegen, weil durch den Dreh mit zwei Teams, das eine im schlimmsten Fall zum Stehen kommt, wenn wegen der Verzögerung beispielsweise auf Schauspieler gewartet werden muss.
Wir bei GZSZ haben eine ganze Ausstattungsabteilung. Diese besteht aus mir, der Szenenbildnerin, meiner Szenenbildassistentin, dem Außenrequisiteur, der mich beim Besorgen von besonderen Spielrequisiten, Einrichtungsgegenständen, etc. unterstützt. Weiter gehören zu unserem Team drei Requisiteure, die beim täglichen Dreh dabei sind, die Baubühne, der Requisitenfahrer und zwei Grafiker. In der Grafikabteilung wird all das entwickelt und produziert, was später auf allen möglichen Produkten vom Waschmittel bis hin zu Nudeln und Dosenbier im Bild zu sehen sein wird. Reale Marken und Labels zu zeigen ist tabu. So wurde beispielsweise jedes Produkt in Tayfuns Spätkauf präpariert, oder das Magazin „Metropolitan Trends“ von Grund auf designed.
Aus den Drehbüchern sind die Notwendigkeiten eines Sets meist ziemlich klar herauslesbar. Es ist dann die Aufgabe des Szenenbildners sich Gedanken zu Bauweise und Stil der jeweiligen Deko zu machen. Ich fertige in der Regel Skizzen und Mood-Boards an, die ich dann mit der Producerabteilung und dem jeweiligen Regisseur bespreche und ggf. an besondere Wünsche anpasse.
Montag ist unser Probentag. Gedreht wird im Studio von Dienstag bis Freitag. Parallel läuft, wie bereits erwähnt, der Außendreh mit einem separaten Team von Mittwoch bis Freitag. Und dies Woche um Woche – das Rad läuft kontinuierlich weiter.
Es erfordert eine sehr gute Organisation sowie gute Absprachen innerhalb des Teams. Aber darin besteht eben auch die spannende Herausforderung alles gleichzeitig auf dem Schirm zu haben: Für die Koordination des Gewerkes und dafür zu sorgen, dass möglichst alles reibungslos läuft, ist letztendlich der Szenenbildner verantwortlich.
Wir unterscheiden zwischen zwei Arten von Requisiten. Die spezifischen, figurenabhängigen Spielrequisiten, die extra für diesen einen Charakter für eine oder mehrere Szenen angeschafft werden und mit dem Figurennamen beschriftet in separaten Boxen aufbewahrt werden, oder solche allgemeiner Art wie beispielsweise Getränkeflaschen, die immer wieder gebraucht werden und entsprechend in größeren Mengen vorbereitet und gelagert werden.
Nein, am Set wird natürlich kein echter Alkohol getrunken. Es gibt alkoholfreien Sekt, Whiskey ist bei uns Apfelsaft, Rotwein ersetzen wir durch Kirschsaft. Ansonsten stimmt man sich generell bei den Lebensmitteln mit den Schauspielern ab. Wenn der eine kein Tiramisu mag, dann gibt’s stattdessen eben Vanillepudding. Das ist auch wichtig, denn manche Szenen müssen beim Dreh ja mehrmals wiederholt werden, da wäre es dann schlecht, wenn der Schauspieler ein Lebensmittel wiederholt essen muss, was er gar nicht mag oder nicht verträgt.
Wenn eine neue Figur eingeführt wird, gibt es für jedes Gewerk ein sogenanntes Rollenprofil. Darin ist festgelegt, wie das Umfeld aussieht, was die Vorlieben und Interessen sind, wie der soziale Hintergrund aussieht. Dieses Rollenprofil ist ungefähr zwei Seiten lang und dient mir als Vorlage um den detaillierten Stil zu entwickeln. Es ist grundsätzlich etwas ganz anderes das Jugendzimmer einer rockigen Tanja Seefeld zu gestalten, als das Townhouse, des gut situierten Rechtsanwalts Dr. Jo Gerner. Dazwischen liegen Welten die über die bildliche Anmutung erzählt werden wollen. Das für mich Spannende ist es vom Stil der Möbel, der Stoffe und Leuchten, bis hin zum Schreibblock oder Cognacglas, stimmig für die jeweilige Figur zu planen und mit meinem großartigen Team umzusetzen.
Ja, da ist eine enge Zusammenarbeit sehr wichtig. Um es mal platt auszudrücken: wenn ich cremefarbene Wände entwerfe, dann sollten die Schauspieler möglichst nicht auch in cremefarbenen Outfits durchs Bild laufen. Daher bin ich sehr froh, dass ich auf diesem Gebiet auch mit einem sehr erfahrenen und stilsicheren Kostümbildner zusammenarbeiten kann, dem farbliche Nuancen und Farbdramaturgie sehr wichtig sind.
Auszuschließen ist es nicht, aber die wichtigste Prämisse bleibt es immer, die Inspiration aus den Drehbüchern und den Figuren selber zu ziehen, um so dem großen Ganzen – den Geschichten und dem Look der Serie – zu dienen.
Prinzipiell habe ich das Set als erstes im Kopf. Dabei hilft ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen, Sinn für Farben und Ästhetik. Ich zeichne dann zunächst den Grundriss und Perspektiven und stelle ein Mood-Board zusammen mit Bildern von dekorativen Elementen, Stoffen, Requisiten, die die gewünschte Stimmung transportieren. Damit gehe ich dann zu den Producern und präsentiere meinen ersten Entwurf. Wenn dieses angenommen wird, fängt die Ausführung und die Detailarbeit mit meinen Abteilungen Ausstattung und Baubühne an.
Alltag sicherlich, aber auch auf Reisen – und vor Allem, aus kontinuierlicher Recherche. Es gehört mit zum Job dazu, Fachliteratur zu lesen, Design-und Möbelmessen zu besuchen und Kontakte mit potentiellen Zulieferern zu knüpfen. Dies bedeutet nicht selten, dass Teile von Wochenenden dafür genutzt werden müssen, wenn während des täglichen Geschäfts keine Zeit unter der Woche übrig bleibt. Aber weil ich die Materie und meinen Beruf so liebe, empfinde ich dieses Eintauchen in neue Gedanken und Ideen außerhalb der Serie als sehr entspannend und mache es gerne.
Natürlich gibt es den ein oder anderen Schauspieler oder Mitarbeiter, der mit der unabsichtlichen Zerstörung eines Requisits oder durch ein zu beherztes Türzuschlagen den Absturz eines Spiegels oder Bildes verursacht und somit für Gelächter beim Drehteam sorgt. Aber es gibt keine lustigen Pannen, denn Pannen bedeuten für uns meistens Stress. Es hört sich vielleicht streng an, aber wenn etwas schief geht, heißt das für uns immer mehr Arbeit und Verzögerungen für das gesamte Drehteam.
Dramaturgisches Denken ist wichtig, genauso der Sinn für Farben und Formen, ein gutes Raumgefühl und gute Fähigkeiten im technischen sowie räumlichen Zeichnen. Handwerkliche Fach-und Materialkenntnisse sind ebenfalls von großem Vorteil. Und daneben benötigt man außerdem großes organisatorisches Talent, denn man muss die gesamte Ausstattungsabteilung koordinieren. Aber das wichtigste ist natürlich der Spaß an dieser Arbeit. Ich bin ein sehr praktischer Mensch und kann hier eigentlich alle meine Fähigkeiten in die Arbeit als Szenenbildnerin einfließen lassen. So stehe ich auch schon mal gerne selber auf der Leiter und bringe Gardinen an oder male noch schnell eine Leinwand, die ich in einem unserer Motive einsetze.